Knochenmarködem-Syndrom, sehr schmerzhaft, heute aber gut therapierbar!
Das Knochenmark-Ödem (KMÖ) ist ein zunehmend häufiger Befund bei der Abklärung schmerzhafter Gelenkprozesse mittels MRT, in der Regel bei unauffälligem Röntgen- und CT-Befund. Das KMÖ kann daher nur mit der MRT sicher diagnostiziert werden. Das typische Signalverhalten des KMÖ ist jedoch unspezifisch und tritt bei vielen Krankheitsbildern auf. Die Patienten klagen über heftige, therapieresistente Schmerzen und über Bewegungseinschränkung in den betroffenen Gelenken.
Das KMÖ-Syndrom wird heute ätiologisch in 3 klinische Gruppen aufgeteilt:
- ischämisch (Osteonekrose, Osteochondrosis dissecans und CRPS),
- mechanisch (Kontusionen, Mikro- und Stressfrakturen) und
- reaktiv (Arthrose, postoperativ und Tumore).
Als weitere Gruppen gelten noch eine idiopathische Form ohne Nachweis eines Gelenkschadens sowie das KMÖ im Femurbereich nach einer Schwangerschaft. Diese beiden Formen wurden früher als „transitorische Osteoporose“ bezeichnet. Neben einer konsequenten mechanischen Entlastung bzw. einer Entlastungsbohrung wurden bisher konventionelle Analgetika und neuerdings auch das Prostazyklinanalogon Iloprost eingesetzt. Dabei sind allerdings spezifische Nebenwirkungen und die nötige mehrtägige stationäre Behandlung einschränkend.
Als erfolgreiche und extrem nebenwirkungsarme neue Option erwies sich in unserer Beobachtungsstudie die ambulante Therapie mit intravenös applizierten BP:
Ibandronat (Bondronat®) 6 mg als monatliche Infusion in 250 ml NaCl Lösung über 20 min, insgesamt 3-4 Infusionen. Alternativ verwendeten wir eine einmalige Infusion von Zoledronat (Aclasta®) 5 mg. In einem Zeitraum von 4 Jahren behandelten wir 200 Patienten mit KMÖ. Nach den betroffenen Skelettarealen aufgeschlüsselt, in Reihenfolge der Häufigkeit: Kniegelenk, oberes Sprunggelenk und Hüftgelenk (Femurkopf). Vor und nach der BP-Behandlung wurden der klinische Befund (Schmerz-Score) und der MRT-Befund erhoben. Eine rasche Schmerzlinderung trat bei den meisten Patienten bereits nach der ersten Infusion auf. Eine komplette Remission mit völligem Schwund des KMÖ in der MRT und Beschwerdefreiheit war in 80% aller Patienten nach Abschluss des Protokolls zu verzeichnen. Bei 15 % der Patienten zeigte sich eine deutliche Reduktion des KMÖ, jedoch bei einem geringen Restödem. Als typische BP-Nebenwirkung war nach der ersten Infusion in 10% der Patienten eine unterschiedlich starke „Akute-Phase-Reaktion“ mit Gliederschmerzen, Temperaturerhöhung und Krankheitsgefühl zu beobachten, die aber in keinem Falle einer speziellen Therapie bedurfte oder bleibende Schäden verursachte. Nierenschädigung oder Kiefernekrosen waren wegen des kurzen Behandlungszeitraums nicht zu erwarten und traten in keinem der behandelten Fälle auf. Ibandronat oder Zoledronat können daher bei jedem KMÖ unabhängig von der Ätiologie und unabhängig von dem betroffenen Skelettareal ambulant eingesetzt werden. Vor Therapiebeginn sind Informationen über die Nierenfunktion und den Zahnstatus einzuholen. Als Kontraindikationen gelten lediglich Schwangerschaft und Stillzeit.
Andere Messmethoden wie die Ultraschallmessung an Ferse oder Phalangen, die QCT an der Wirbelsäule oder die pQCT an Radius oder Tibia mögen zusätzliche Informationen hinsichtlich des Frakturrisikos oder eindrucksvolle dreidimensionale Bilder der Knochenstruktur liefern, erlauben aber nicht eine leitliniengerechte Diagnose oder gar die Stellung einer Therapieindikation!
Knochenmarködem im Sprunggelenk - Kompletter Rückgang nach Infusionstherapie!
Knochenmarködem im Kniegelenk - Kompletter Rückgang nach Infusionstherapie!
Komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS), eine interdisziplinäre Aufgabe!
Der „Morbus Sudeck“ (Algodystrophie, sympathische Reflexdystrophie, complex regional pain syndrome, CRPS) wird heute als eine Unterform des Knochenmarködem-Syndroms eingeordnet. Der CRPS Typ I entwickelt sich nach einem initialen, schädigenden Ereignis und unterscheidet sich vom CRPS Typ II, der nach einer peripheren Nervenverletzung auftritt. Die Klinik wird von der Trias sympathischer, motorischer und sensibler Störungen bestimmt. Die Erkrankung kann in 3 Stadien eingeteilt werden:
- Entzündung,
- Dystrophie
- Atrophie
Bisher wurden 4 Therapiestudien mit intravenösem Pamidronat durchgeführt. Alle belegen eine deutliche Schmerzmilderung und in vielen Fällen auch eine Heilung. Weitere Studien waren mit Clodronat und Alendronat erfolgreich. Seit 1998 setzen wir monatliche Infusionen eines stickstoffhaltigen BP ein. Bereits mehrere Tage nach der ersten Infusion berichten die meisten Patienten eine deutliche Schmerzlinderung sowie eine Verbesserung der Beweglichkeit. Nach weiteren 3 Infusionen in monatlichen Abständen kam es zur Heilung oder zumindest zur deutlichen Schmerzlinderung mit Verbesserung der Knochenstruktur. Inzwischen verwenden wir nur noch intravenöse BP der dritten Generation: Zoledronat oder Ibandronat. Da die BP für diese Indikation noch nicht zugelassen sind, muß die Behandlung mit dem Patienten besprochen werden.